Kirsch, Most und
Bränz rund
um Zugersee und Rigi

Kirschgewerbe 11:

Trendprodukte aus dem Chriesido­rf

1858; 1917: Blaser, Steinen; Weber, Steinen [92]

Standort: Steinen – Räbengasse 6.

Im 19. Jahrhundert war Steinen im Kanton Schwyz schweizweit bekannt als «Chriesidorf». Der Ort war umgeben von einem Wald aus Hochstamm-Kirschbäumen. 1858 eröffnete Franz Blaser mitten im Dorf an der Räbengasse eine Kirschbrennerei. Mit Erfolg exportierte er Kirschwasser ins Ausland und gewann an den Landesausstellungen diverse Auszeichnungen. 1917 ging der Betrieb an Albert Weber über. Nach einer wechselvollen Zeit wurde die Destillerie 1984 schliesslich an die «Distillerie Z'graggen» im Lauerz verkauft und gab ihre Produktion in Steinen auf.

 

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In Steinen an der Räbengasse wurde früher der landesweit bekannte «Steiner Kirsch» hergestellt. Steinen war bekannt als «Chriesidorf». 1858 gab Bezirksammann Josef Franz Martin Blaser-Fassbind (1832–1908) seinen Färbereibetrieb auf und begann mit dem Kaufen, Einlegen und Brennen von Kirschen. Auch er setzte auf das neue Trendprodukt Kirschwasser. Blasers Kirsch war bald begehrt und wurde auch ins Ausland exportiert.[93] An der Landwirtschaftsmesse «Agricultura Helve­tica» in Luzern 1881 erhielt der Betriebsgründer die höchste Auszeichnung in Form einer goldenen Medaille. Weitere Preise folgten in späteren Jahren, so an den Landesausstellungen in Zürich 1883 und in Genf 1896 sowie eine Goldmedaille in Bern 1914. Im Jahr 1897 übernahm der Sohn des Gründers, Franz Blaser-Loser (1859–1939), das blü­hende Kirsch­wasser­geschäft samt angegliederter Dampfbrennerei. In der Folge vergrösserte er den Betrieb, verbes­serte die Anlagen und benannte die Firma in «F. Blaser Sohn» um. Da Franz Blaser kinderlos blieb, verkaufte er die Destil­lerie nach 20-jähriger Tätigkeit.

 

1917 ging das Geschäft in Steinen an Albert Weber-Schindler/Stäubli (1884–1957). Die Fir­ma bekam den neuen Namen «Des­tillerie Albert Weber» und verfügte 1932 über sieben fahrbare Brennblasen à 6 x 30 Liter und 1 x 40 Liter, was einem Gesamtblasenin­halt von 220 Litern entspricht.[94]

 

1934 übernahm Neffe Adolf Weber-Stuber (1909–1993), Sohn von Bruder Karl Weber im schwyzerischen Seewen, die Firma und betrieb auch eine Mosterei. Elise Weber-Stäubli (1882–1946), die zweite Frau von Albert Weber, führte in Steinen gleichzeitig und zusammen mit ihren Söhnen unter «Frau Albert Weber-Stäubli» eine Spirituosen- und Likör-Firma ohne eigene Brennerei weiter, die in Konkur­-renz zur Destillerie ihres Verwandten Adolf Weber stand.

 

Im Verlauf der Jahre gliederte Adolf Weber seiner Firma die Fabrikation anderer Spirituosen und Liköre sowie das Herstellen von Sirup an. 1970 installierte Weber eine leis­tungsfähige Holsteinbrennerei mit einem Blaseninhalt von 6 x 220 Litern, was einem Gesamtblaseninhalt von 1320 Litern entspricht. 1979 wurde die Firma unter «DISTAG Distillerie Steinen AG» betrieben, 1980 ging das Unternehmen an Urs Weber über. 1984 legte man die Brennerei still und ver­kaufte sie an die «Dis­tillerie Z’graggen» in Lauerz.[95]

 
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Quellen

Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.

 

[92] — PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Blaser–Weber, Steinen; Auskünfte Urs Weber, Brunnen / Urs Affolter, Steinen. [93] — Koch, Hans / Nussberger, Paul, «Beiträge zur Heimatgeschichte von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug», Zollikon– Zürich, 1947, S. 92–93; Scheiwiller, Yvonne, «Schwyzer Industriekultur», Schwyz, 2010, S. 204. [94] — Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Zug 1411, EAV, Bern. [95] — PA UW, Brunnen.

[Abb. 0757] Briefpapier der Dampf­­bren­nerei «F. Blaser & Söhne» und von «F. Blaser Sohn», 15. Februar 1905.</p>

[Abb. 0757] Briefpapier der Dampf­­bren­nerei «F. Blaser & Söhne» und von «F. Blaser Sohn», 15. Februar 1905.

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[Abb. 0758] Die «Destillerie Weber» an der Räbengasse 6 in Steinen, ab 1917.</p>

[Abb. 0758] Die «Destillerie Weber» an der Räbengasse 6 in Steinen, ab 1917.

[Abb. 0759] Briefpapier der Nachfolge­firma «Dampfbrennerei, Albert Weber» in Steinen, 17. April 1924.</p>

[Abb. 0759] Briefpapier der Nachfolge­firma «Dampfbrennerei, Albert Weber» in Steinen, 17. April 1924.

[Abb. 0760] Brennerei von Adolf Weber in Steinen, vor 1947.</p>

[Abb. 0760] Brennerei von Adolf Weber in Steinen, vor 1947.

[Abb. 0761] Fasslager der Firma Weber in Steinen, vor 1947.</p>

[Abb. 0761] Fasslager der Firma Weber in Steinen, vor 1947.

[Abb. 0762] Postkarte mit Steinen und Kleinem und Grossem Mythen im Hintergrund, vor 1939: Im und rund um das Schwyzer «Chriesidorf» stehen Hunderte von blühenden Hochstamm-Obstbäumen, die meisten davon sind Kirschbäume.</p>

[Abb. 0762] Postkarte mit Steinen und Kleinem und Grossem Mythen im Hintergrund, vor 1939: Im und rund um das Schwyzer «Chriesidorf» stehen Hunderte von blühenden Hochstamm-Obstbäumen, die meisten davon sind Kirschbäume.

[Abb. 0763] Briefpapier der Kon­kur­renz­­firma «Frau Albert Weber- Stäubli» in Steinen, 30. Januar 1942.</p>

[Abb. 0763] Briefpapier der Kon­kur­renz­­firma «Frau Albert Weber- Stäubli» in Steinen, 30. Januar 1942.

[Abb. 0764] Gärfass der Brennerei «A. Weber» in Steinen, vor 1979: Die Kunststofffässer wurden während der Ernte an die Bauern abgegeben, welche sie zum Einmaischen des frisch gepflückten Obstes verwendeten.</p>

[Abb. 0764] Gärfass der Brennerei «A. Weber» in Steinen, vor 1979: Die Kunststofffässer wurden während der Ernte an die Bauern abgegeben, welche sie zum Einmaischen des frisch gepflückten Obstes verwendeten.

[Abb. neu] Leidbild von Josef Blaser-Fassbind (1832–1908).</p>

[Abb. neu] Leidbild von Josef Blaser-Fassbind (1832–1908).

 
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Quellen

Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.

 

[Abb. 0757] PA LF, Privatarchiv Lukas Fassbind Oberarth; [Abb. 0758] PA UW, Privatarchiv Urs Weber Brunnen; [Abb. 0759] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz (LV 73); [Abb. 0760/0761] Koch, Hans / Nussberger, Paul, «Beiträge zur Heimatgeschichte von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug», Zollikon–Zürich, 1947; [Abb. 0762] GA St, Gemeindearchiv Steinen; [Abb. 0763] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz (LV 73); [Abb. 0764] PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug; [Abb. neu] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz.