Ab 1866 began Carl Weber im «Guggli» oberhalb von St. Adrian am Zugersee mit dem Brennen von Kirschen. Seine Nachkommen vergrösserten den Betrieb und verarbeiteten auch andere Obstsorten. So entstand einer der leistungsfähigsten und innovativsten Destillationsbetriebe der Schweiz. Die Kirschensteine wurden getrocknet und als Brennstoff weiterverwendet, aus dem Brennabfall stellte man Biogas her. In den 1980er-Jahren wurden im Dreischichtbetrieb täglich fünf Brände destilliert und so 20 Tonnen Maische zu 3’000 Litern Kirsch verarbeitet. 2002 verkauften die Gebrüder Weber das Unternehmen, das Spirituosengeschäft ging 2007 an die «DIWISA» in Willisau.
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Ab 1866 betrieb Carl Meinrad Weber-Eykorn (1817–1890) auf seinem Hof «Guggli» oberhalb von St. Adrian bei Arth am Zugersee eine Brennanlage, auf der noch heute die Initialen «CW» und die Jahreszahl «1866» vermerkt sind. Weber brannte neben Kirsch auch in geringerem Umfang Zwetschgen und Kernobst. Rund ums «Guggli» besass Weber viele Kirschbäume und zahlreiche Bäume mit Edelkastanien, die er jeweils im Herbst mit einem doppelspännigen Ochsenkarren auf den Markt in Zug brachte. Die Brennerei Weber hatte auch drei hauseigene Quellen, deren Wasser sie für die Reduktion der Brände verwendete. 1888 übernahm Carl Meinrads Sohn Georg Karl Weber-Schuler (1862–1918) den Hof, 1918 der erst 20-jährige Sohn Karl Josef Weber-Inderbitzin (1898–1932), welcher die Bauernbrennerei vergrösserte und auch Brennfrüchte von Nachbarn verarbeitete. Die grossen, stehenden 680-Liter Holzfässer, «Biessen» genannt, nutzte er zur Wildvergärung. Erst 34-jährig, starb Karl Josef Weber bei einem Unfall.
Seine Frau Marie führte den Betrieb ab 1932 weiter, bis der älteste Sohn Karl Franz Weber-Landolt (*1927) die stagnierende Brennerei 1946 übernehmen konnte. Karl Franz baute die Brennerei aus, zuerst als Geschäftsführer im Auftrag der Erbengemeinschaft, ab 1956 als Inhaber der Einzelfirma «Karl Weber», die sich zu einem der leistungsfähigsten Destillationsbetriebe der Schweiz entwickelte. Der Firmenchef erwies sich auch als grosser Tüftler, der die Anlagen stets optimierte. Er war einer der Ersten, welche die traditionelle Häfelibrennerei durch fortschrittliche Anlagen mit Feinbrenngeräten ersetzten. Die anfallenden Chriesisteine trocknete Weber bereits in den 1970er-Jahren mittels Abwärme und rezyklierte sie als Brennstoff, später produzierte er aus den anfallenden «Schlämpen» sogar Biogas.[100]
Ab 1975 verarbeitete die Firma Weber pro Jahr 10 Prozent aller in der Schweiz geernteten Brennkirschen. 5’000 blaue Plastikfässer mit einem Fassungsvermögen von 220 Litern liess sie über ein weit verzweigtes Netz von Partnern zu den Chriesibauern in der Zentral- und Nordwestschweiz verteilen, welche die Fässer mit Kirschen füllten. Die «Brennerei Karl Weber» verarbeitete jährlich bis zu 2.3 Millionen Kilogramm Brennkirschen. Weber verkaufte vor allem «Rigi Kirsch» und in bescheidenerem Umfang auch «Zuger Kirsch», daneben füllte er Kirsch für Handelsmarken ab oder verkaufte diesen fassweise an andere Brennereien. In den 1980er-Jahren beschäftigte das Unternehmen rund 25 Mitarbeitende und verfügte über zehn Brennhäfen mit insgesamt 4’000 Brennlitern und einer Maischekapazität von 3.5 Millionen Litern in 90 Tanks. Im Dreischichtbetrieb destillierte man in den Brennmonaten täglich fünf Brände und verarbeitete so 20 Tonnen Maische zu 3’000 Litern Kirsch.
1989 traten Karls Söhne Hansjörg (*1960), Andreas (*1962) und Markus (*1966) in das Unternehmen ein. Zudem wurde die Firma in «Gutsbrennerei Weber St. Adrian» umbenannt. Die Benennung erfolgte nach der benachbarten Kapelle St. Adrian, die 1889 infolge Unwettergefahren hangaufwärts neben den Brennereibetrieb verlegt worden war.[101] Die Gutsbrennerei produzierte weiterhin grosse Mengen an Kirsch für Grossverteiler, daneben wurde aber auch eine neue Linie mit Bioprodukten und sortenreinen Bränden lanciert. Als die Liberalisierung des schweizerischen Spirituosenmarktes in den 1990er-Jahren den Import von ausländischem Kirsch und Brennkirschen erlaubte, wurde die Situation für Firmen wie Weber, die auf den Tiefpreismarkt ausgerichtet waren, zunehmend schwierig. 2002 verkauften die Weber das Unternehmen mitsamt Markenrechten an die «Pomdor AG», welche die Produktion nach Sursee verlegte. 2005 fusionierte die «Pomdor AG» zur «Unidrink AG», bevor sie ab 2008 zur «Ramseier Suisse AG» wurde. Das Spirituosengeschäft ging 2007 an die «DIWISA» in Willisau. Die Liegenschaft in «St. Adrian» bei Arth blieb in Familienbesitz, das grosse Betriebsgebäude der ehemaligen Brennerei nutzen heute andere Unternehmen.[102]
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Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.
[99] — PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Weber, Arth; FA WA, Arth; Auskünfte Andreas Weber, Arth.[100] — FA WA, Arth. [101] — Gesellschaft Schweizerische Kunstgeschichte, «Kunstführer durch die Schweiz», Band 2, Bern, 2005, S. 405. [102] — FA WA, Arth.
[Abb. 0771] Destillieranlage der «Brennerei Weber» im «Guggli» zwischen Walchwil und Arth: 1866 wurde sie im Stammhaus der Familie Weber eingebaut, die auf dem Steinsockel angebrachten Initialen «CW» verweisen auf Carl Meinrad Weber.
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[Abb. 0772] «Brennerei Weber» bei St. Adrian in Arth, 1928–1950.
[Abb. 0773] Gebäude der «Brennerei Weber» bei «St. Adrian» zwischen Walchwil und Arth, um 1940.
[Abb. 0775] Destillieranlage der «Brennerei Karl Weber» bei «St. Adrian», 1960–1975.
[Abb. 0774] Destillieranlagen der «Brennerei Karl Weber», 1950–1960.
[Abb. 0776] Miniflaschen «Rigi-Kirsch» der Firma «Weber St. Adrian», ab 1989.
[Abb. 0777] Flaschenetikette «Rigi-Kirsch, Häfelibrand» der «Gutsbrennerei Weber St. Adrian» in Arth, ab 1989.
[Abb. 0778] Firmengelände der «Gutsbrennerei Weber St. Adrian» in Arth mit der Kapelle St. Adrian, 1990.
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