Der «Rosenberg» hat für die Zuger Chriesi, die Kirschbäume, den Kirsch und insbesondere auch für die gesamte Imkerei der Schweiz eine besondere Bedeutung. So soll die Kirschensorte «Knonauer» von hier stammen. Im Gasthof tagte der «Zuger Kantonale Landwirtschaftliche Verein» regelmässig, hier wurde der «Zuger Kantonale Imkerverein» gegründet und hier befand sich früher das Zentrum der schweizerischen Bienenzucht. Peter Theiler I. bezeichnete man schweizweit als «Bienenvater». Beim Hof standen grosse Bienenhäuser, umgeben von zahlreichen Kirschbäumen. Ab 1868 brannte die Familie Theiler über mehrere Generationen ihr «Zuger Chriesiwasser». 100 Jahre später wurde die Kirschbrennerei eingestellt.
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Im «Rosenberg», etwas erhöht über der Stadt Zug gelegen, wurde seit 1868 «Zuger Chriesiwasser» hergestellt. Der bekannte Landgasthof Rosenberg der Familie Theiler, 1581 als Gasthof zur roten Laube erbaut, befand sich mitten im Landwirtschaftsgebiet am Pilgerweg nach Einsiedeln und war umgeben von Wiesland und Obstbäumen, insbesondere von schönen Kirschbäumen. So soll die Tafelkirschensorte «Knonauer» vom «Rosenberg» stammen.[112] Die Verbundenheit mit der Landwirtschaft zeigte sich auch darin, dass der «Rosenberg» als Tagungsort des «Zuger Kantonalen Landwirtschaftlichen Vereins» beliebt war und als Zentrum der schweizerischen Bienenzucht galt. Peter Josef Theiler-Lustenberger I. (1823–1902) kaufte 1868 das verwahrloste Bauerngut mit Wirtschaft «im Lee» für 36’000 Franken, dazu gehörten Haus, Trotte, Scheune, Dörrofen, Matte und die «Fadenmatt» mit Weid. Explizit erwähnt wurden auch «12 Fässer, 3 Brennhäfen, 1 Waschkessel, 10 Kirschenleitern, 1 Grasbahre, 1 Schlitten, 2 grosse Schnitzkästen, 2 Rätschen und 1 Rölle sowie eine tiefe Bachmuolte (Backmuelte)».[113]
Theiler gestaltete das Bauerngut mustergültig um, betrieb Obstkultur und gab der Liegenschaft den Namen «Rosenberg». Neben dem Gastgewerbe wurde die Destillation von Kirschwasser in der Familie Theiler, die aus dem Entlebuch stammte, während mehrerer Generationen ausgeübt. Peter Theiler war auch Lehrer, Landwirt und Politiker sowie begeisterter Imker. So erstaunt es nicht, dass im Gasthof Rosenberg am 25. März 1889 der «Zuger Kantonale Imkerverein» gegründet wurde, mit Peter Theiler als erstem Präsidenten. In der Folge entwickelte sich der «Rosenberg» zum wichtigen Schulungs- und Forschungsmittelpunkt der Imker. Peter Theiler I. bezeichnete man als «schweizerischen Bienenvater». Gegenüber dem Restaurant standen bis 1968 mehrere grosse Bienenhäuser, eines davon hatten die Zuger Architekten Alois Stadler und Walter Wilhelm 1931 für 82 Bienenvölker erstellt.[114]
Peters Sohn Josef Theiler-Zumbühl I. (1861–1919) war ebenfalls Landwirt und Imker, bekleidete das Amt des Oberrichters und führte den Betrieb ab 1895 in zweiter Generation. Die Wirtschaft Rosenberg wurde zum der Treffpunkt der Katholisch-Konservativen und Tagungsort von diversen, insbesondere auch landwirtschaftlichen Vereinigungen und Organisationen.[115] Dessen ältester Sohn Josef Theiler-Odermatt II. (1893–1946), auch er Präsident des Zuger Imkervereins und Verwalter des im «Rosenberg» untergebrachten «Schweizerischen Bienenmuseums», fungierte als Experte bei der Schweizer Hagelversicherung und übernahm den «Rosenberg» 1919 in dritter Generation. Die Brennerei der Familie Theiler verfügte 1932 über drei feststehende Brennblasen à 1 x 150, 1 x 60 und 1 x 40 Liter, was einem Gesamtblaseninhalt von 250 Litern entspricht.[116]
Nach dem Tod von Josef Theiler II. 1946 führte dessen Frau Maria den Betrieb mit der Familie weiter und modernisierte das Gasthaus. 1954 übernahm Peter Theiler-Studer II. (1921–1990) das Gasthaus Rosenberg (Rosenbergstrasse 30) als Vertreter der vierten Generation. Jeweils im Herbst, wenn gemostet wurde, war unten bei der Trotte Hochbetrieb.[117] Auch wurden in den 1950er-Jahren im weitgehend noch landwirtschaftlich genutzten Gebiet Rosenberg–Weinberg–St. Verena mehrere nationale und internationale Querfeldein-Radrennen durchgeführt. Jedes Jahr im September feierte man im «Rosenberg» für Nachbarn und Stammgäste die «St.-Michaels-Chilbi und Metzgete» mit musikalischer Unterhaltung und «Schwinigs». 1960 eröffnete Peter Theiler II. zusammen mit seiner Frau Maya (1927–2010) das erste Hotel nördlich des Restaurants im «Rosenberghaus» (Rosenbergstrasse 31) als Versuchsbetrieb mit 24 Betten, einem Lebensmittelladen und einem Architekturbüro. Die Brennanlage, die vorher fast am gleichen Standort in einem separaten Häuschen installiert war, kam ins Untergeschoss dieser Dépendance. Noch bis 1968 destillierte man im dortigen Keller Kirsch. 1969 nahm Theiler dann als drittes Gebäude die Hostellerie Rosenberg als Garni-Hotel östlich des Restaurants (Rosenbergstrasse 33) in Betrieb. Die Brennerei kam als Schaustück in die neue Hotelhalle. Das Restaurant wurde von 1969 bis 1999 verpachtet, das Hotel zwischen 1987 und 2003 von Peter Theilers Sohn Hanspeter Theiler-Amrein (*1958) und dessen Frau Rita weitergeführt.[118]
Restaurant und Hotel gingen ab 1988 in den Besitz des ersten Sohnes Hanspeter über, Dépendance und Brennerei an den zweiten Sohn Martin (*1960). (korrigierte Fassung) Die Brennanlage blieb erhalten und ist heute wieder im Untergeschoss des «Rosenberghauses» installiert. Das Hotel wurde 2004, das Restaurant 2011 abgerissen und durch neue Wohngebäude ersetzt.
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Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.
[111] PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Theiler, Zug; Kleindruckschriften Hotel Rosenberg, in: BZ, kdsslg; Auskünfte Hanspeter Theiler, Zug / Martin Theiler, USA. [112] Kobel, Fritz, «Die Kirschensorten der deutschen Schweiz», Bern, 1937, S. 10. [113] Luthiger, Viktor, «Häuser und Nachbarschaften der Stadt Zug», in: «Zuger Kalender 1949», Zug, 1949, S. 37. [114] Nekrolog Zuger Nachrichten, Peter Theiler, in: ZN, Nr. 35, 29.03.1902, in: StA ZG PERAD, T 24–94; Nekrolog Zuger Volksblatt, Peter Theiler, in: ZV, Nr. 36, 29.03.1902, in: StA ZG PERAD, T 24–94; Nekrolog Zuger Nachrichten, Peter Theiler, in: ZN, Nr. 36, 03.04.1902, in: StA ZG PERAD, T 24–94. [115] Nekrolog Zuger Volksblatt, Josef Theiler, in: ZV, Nr. 99, 23.08.1919, in: StA ZG PERAD, T 24–139; Nekrolog Zuger Nachrichten, Joseph Theiler, in: ZN, Nr. 100, 25.08.1919, in: StA ZG PERAD, T 24–139. [116] Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Zug 1411, EAV, Bern. [117] Peyer, Kurt, «Göttibatzen, Jugenderinnerungen aus Zug», Rotkreuz, 1996, S. 143. [118] Kamm-Kyburz, Christine, «INSA, Inventar der neueren Schweizer Architektur, 1850–1920, Zug», Bern, 1992, S. 531.
[Abb. 0816] Postkarte «Gruss vom Rosenberg», ab 1907: Der «Rosenberg» war regelmässiger Tagungsort des «Zuger Kantonalen Landwirtschaftlichen Vereins» und genoss als «Zentrum für schweizerische Bienenzucht» landesweite Bedeutung.
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[Abb. 0817] Postkarte mit Blick vom «Rosenberg» auf den Zugersee mit blühenden Obstbäumen, vor 1910.
[Abb. 0818] Postkarte mit der «Restauration» im Zuger «Rosenberg» und den neu gebauten Bienenhäusern, ab 1931.
[Abb. 0819] Gasthaus Rosenberg in Zug, ab 1954: Im Landwirtschaftsgebiet Rosenberg–Weinberg–St. Verena fanden mehrere nationale und internationale Querfeldein-Radrennen statt, und die «St.-Michaels-Chilbi und Metzgete».
[Abb. 0820] Erstes Hotel im «Rosenberghaus», errichtet als Dépendance nördlich des Gasthauses, 1960: Die Brennerei wurde hier im Untergeschoss eingebaut, wo man bis 1968 «Zuger Chriesiwasser» destillierte.
[Abb. 0821] Wiederinstallierte Brennerei im «Rosenberghaus» in Zug, 2015.
[Abb. 0822] Korbflasche mit «Zuger Chriesiwasser», Eigenbrand vom Hotel Rosenberg in Zug, 2015: Der letzte Kirsch wurde 1968 destilliert.
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Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.
[Abb. 0816] BZ, Bibliothek Zug (Postkartensammlung); [Abb. 0817] PA JST, Privatarchiv Josef Strickler Zug; [Abb. 0818] BZ, Bibliothek Zug (Postkartensammlung); [Abb. 0819/0820] BZ, Bibliothek Zug (Kleindruckschriftensammlung); [Abb. 0821] PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug; [Abb. 0822] PA TH, Privatarchiv Theiler Zug.
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Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.