1870 begann Melchior Wiget in der «Wylen» bei Brunnen mit dem Mosten und später mit dem Brennen von Schnaps. Bald bot man auch Kirsch und Honig an. Beliefert wurden die Kantone Schwyz und Uri, über die neue Axenstrasse transportierte man die grossen Holzfässer auf Pferdefuhrwerken in Richtung Süden. Die Nachkommen von Wiget erweiterten das Spirituosenangebot aus eigener Produktion, stiegen in den Getränkehandel ein und eröffneten 1994 den Abholmarkt «Spiicher» gegenüber dem Bahnhof. Seit 2001 befindet sich die «Wiget Getränke GmbH» in einem Industriebau an der nahen Muotastrasse.
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Im Brunner Weiler «Wylen», am Südostabhang eines Rigiausläufers gelegen, gründete Melchior Wiget-Ulrich (1835–1917) mit seinem Bruder Leonhard Wiget-Betschart (1838–1925) im Jahr 1870 die rationell eingerichtete «Mosterei Gebr. Wiget», die sie bald durch eine Brennerei ergänzten. Die «Billanz der Most-, Schnaps- und Birnrechnung im Jahr 1891, 1892» wies für Most Einnahmen in der Höhe von 6’350 Franken aus, für Schnaps Einnahmen von 1’979 Franken.[126] Unter Melchiors Sohn Josef Wiget-Arnold (1870–1935), der den Betrieb ab 1912 in zweiter Generation führte, konnte die Firma weiter wachsen. 1920 wurde bei «Jos. Wiget, Mosterei & Restaurant, Wylen-Brunnen» neben Most auch Obsttrester, Kräuter, Kirsch, Enzian sowie Bienenhonig angeboten, später auch Zwetschgenwasser.[127]
1932 übernahm Josefs Sohn Emil Wiget-Kenel I. (1904–1973) in dritter Generation das Geschäft, das gut gedieh. Den Kundenkreis dehnte man in den Kantonen Schwyz und Uri aus, Most, Schnaps und Kirsch transportierte Wiget in Fässern auf Pferdefuhrwerken, später mit Lastwagen über die Axenstrasse in Richtung Süden. Die «Obstweinkelterei Emil Wiget-Kenel» verfügte 1932 über drei feststehende Brennblasen à 2 x 200 Liter und 1 x 100 Liter, was einem Gesamtblaseninhalt von 500 Litern entspricht.[128] 1934 kam in «Wylen» ein neuer Gärmostkeller mit Holzfässern und 1935 ein neuer Kühlerkeller mit zehn Süssmosttanks dazu, 1945 erfolgte ein kompletter Neubau der Gebäude mit zeitgemässen Betriebseinrichtungen.[129]
1971 brachte sich mit Emil Wiget-Lagler II. (*1933) bereits die vierte Generation in die Geschäftsleitung ein. In diesen Jahren gewann die Spirituosenproduktion an Bedeutung, dementsprechend baute Wiget 1974 einen neuen Spirituosenkeller mit 15 Stahltanks und investierte 1980 in eine neue Brennerei und Lagertanks. Produziert wurden Kirschwasser, Birnentrester, Schwyzer-Chrüter, Zwetschgenwasser, Pflümliwasser und Williams. Neben Obstsäften und Spirituosen aus eigener Destillation erweiterte Wiget das Angebot auf Weine, Biere, Mineralwasser und Import-Spirituosen. 1994 wurde der Abholmarkt «Spiicher» gegenüber dem Bahnhof in Brunnen eröffnet. 2001 stiessen die verbliebenen Büro- und Lagerräumlichkeiten in «Wylen» an ihre Grenzen, und so bezog die Firma «Wiget Getränke GmbH» neue Räumlichkeiten in einem Industriebau an der Muotastrasse 12. Seit 2004 wird das Familienunternehmen von Roger Wiget (*1975) in der fünften Generation weitergeführt.[130]
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Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.
[125] — PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Wiget, Brunnen; FA WB, Brunnen; Auskünfte Esther Wiget, Brunnen. [126] — FA WB, Brunnen. [127] — Koch, Hans / Nussberger, Paul, «Beiträge zur Heimatgeschichte von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug», Zollikon– Zürich, 1947, S. 94–95. [128] — Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Ingenbohl 1019, EAV, Bern. [129] — Koch, Hans / Nussberger, Paul, «Beiträge zur Heimatgeschichte von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug», Zollikon– Zürich, 1947, S. 94–95. [130] — Suter, Alois, «1893–1993, 100 Jahre Gewerbeverein Brunnen–Ingenbohl», Brunnen, 1993, S. 114.
[Abb. 0837] Rechnung «L. Wiget, Obstbrennerei» in Brunnen für den Verkauf von Kirschwasser, 26. Mai 1876.
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[Abb. 0838] Mostrechnung und Schnapsrechnung der «Mosterei Gebr. Wiget» in «Wylen» bei Brunnen, 1891–1892.
[Abb. 0839] Rechnung «Melchior Wiget, Most- & Branntweinhandlung, Wylen–Brunnen», Oktober 1900.
[Abb. 0840] Postkarte mit Hof und Brennerei der Familie Wiget in «Wylen» bei Brunnen, um 1940.
[Abb. 0841/0842/0843] Fasstransport auf der Axenstrasse von Flüelen nach Brunnen, 1. Hälfte 20. Jahrhundert: Die zweispännigen Pferdefuhrwerke auf der Gotthardstrecke wurden mit der Zeit von Lastwagen abgelöst.
[Abb. 0844] Apfelernte auf dem Gelände der Mosterei Wiget, um 1937.
[Abb. 0845] Lastwagen von «E. Wiget, Obstwein, Brunnen», um 1937: Als Getränkehändler lieferte Wiget Most, Schnaps, Kirsch und zunehmend auch andere Getränke in die Kantone Uri und Schwyz aus.
[Abb. 0846/0847] Brennerei der Firma «Wiget Getränke» in Brunnen, 1982: Mit dem Einbau von neuen Lagertanks wurden auch neue Brennblasen installiert und fortan verschiedenste Obstdestillate produziert.
[Abb. neu] Leidbild von Melchior Wiget-Ulrich (1835–1917).
[Abb. neu] Leidbild von Leonard Wiget-Betschart (1838–1925).
[Abb. neu] Leidbild von Josef Wiget-Arnold (1870–1935).
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Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.
[Abb. 0837] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz (LV 73); [Abb. 0838] FA WB, Firmenarchiv Wiget Brunnen; [Abb. 0839] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz (LV 73); [Abb. 0840] FA WB, Firmenarchiv Wiget Brunnen; [Abb. 0841/0842/0843/0844/0845/0846/0847] FA WB, Firmenarchiv Wiget Brunnen; [Abb. neu] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz; [Abb. neu] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz; [Abb. neu] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz.