Kirsch, Most und
Bränz rund
um Zugersee und Rigi

Kirschgewerbe 27

Die Brennerei beim
Knopfliturm

1883; 1911; 1918: Keiser, Zug; Kirschwasser-Gesellschaft, Zug; Nussbaumer, Zug [204]

Standorte: Zug – Knopfliweg 4/Aegeristrasse 40.

Die Brennerei beim Knopfliturm blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, denn gleich drei Kirsch-Akteure waren hier tätig. Ab 1883 war es Caspar Keiser, der neben der erfolgreichen Kirschdestillerie beim Knopfliturm auch einen Verkaufsladen und eine Gaststätte am Dorfplatz betrieb. 1911 vermietete Keiser das Nebengebäude an der Aegeristrasse an die «Kirschwasser-Gesellschaft», die ihren Sitz von Zug nach Oberägeri verlegte und den Holzbau vor allem als Depot nutzte. 1918 wurden die Liegenschaften an die Familie Nussbaumer verkauft, die am Knopfliweg über mehrere Generationen hinweg eine florierende Spezialitätenbrennerei mit Spirituosen- und Likörhandel betrieb. Mitte der 1970er-Jahre stellten die Nussbaumers die Kirschbrennerei an der Aegeristrasse ein.

 

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Der Destillateur Caspar Leonz Keiser-Keiser (1853–1923) führte beim Knopfliturm in der Stadt Zug ab 1883 eine Brennerei und Handlung für «Kirschwasser, Liqueur & Obstbranntwein». Bereits im ersten Betriebsjahr wurde sein Geschäft an der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1883 mit einem Ehrendiplom ausgezeichnet. Am Dorfplatz führte er zudem eine Gaststätte und einen Verkaufsladen mit Spi­rituosen. Keiser beendete seine Tätigkeit 1911 und vermietete die Brennerei an die «Kirschwasser-Gesellschaft in Zug», die ihren Sitz nach Oberägeri verlegte und in Zug an der Ägeristrasse 40 fortan eine Brennerei mit Depot betrieb. Ein heute angeb­lich noch vorhandenes, innen am Holztor des ehemaligen Brennereigebäudes angebrachtes Wappen der Kirschwassergesellschaft soll davon zeugen. 1918 verkaufte Caspar Keiser die Liegenschaft an Josef Nussbaumer-Landolt, einen Wirt und «Negoziant» (Zwischenhändler) aus Oberägeri.[205]

 

Der Familienname Nussbaumer stammt aus Oberägeri und gilt als eines der älteren und zahlreichsten Geschlechter des Ägeritals. Metzger Josef Leonz Nussbaumer-Landolt (1864–1948) betrieb ab 1888 ein Res­taurant in Knonau und führte daneben auch einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb. Dabei handelte er mit Obst, Most und Obstbranntwein. 1898 zog Nussbaumer nach Zug ins Restaurant «Schäfli» beim St.-Oswaldsbrunnen, später kaufte er das Restaurant «Kreuz» am Dorfplatz. Dort führte Josef Nussbaumer-Landolt seinen Handel weiter und bot zusätzlich Landesprodukte an, bevor er 1918 aus Platznot in die nahe Brennerei an der Ägeristrasse 40 wechselte und so die Liegenschaft von der «Kirschwasser-Gesellschaft in Zug» übernahm.[206] 1923 trat der zweitjüngste Sohn von Josef Leonz, Carl Nussbaumer-Bamert (1903–1997), in das väterliche Unternehmen ein und stellte den Betrieb zu einer Spezialitätenbrennerei mit Spirituosenhandel um. Carl beschaffte eine neue «Häfelibrennerei», um damit «Spezialkirsch» herzustellen. In der Destillerie der Nussbaumer wurde hauptsächlich «Zuger Kirsch» gebrannt, aber auch «Pflümli», «Zwetschgenwasser» und «Kräuterbranntwein». Dazu kam die Likörfabrikation mit den beiden bekannten Spezialitäten «Zuger Bitter» und «Zuger Bergtropfen» («Goût Bénédictine») und mit «Crème de Kirsch», «Crème de Banane» und «Cherry Brandy». Weiter handelte und verkaufte die Firma bekannte in- und ausländische Liköre und Spirituosen.[207]

 

Schliesslich übernahm Carl Nussbaumer 1931 die Liegenschaft und die Brennerei von seinem Vater. Die Firma «Carl Nussbaumer, Kirsch- und Likördestillerie, Zug» verfügte 1932 über zwei feststehende Brennblasen mit einem Gesamtinhalt von 300 Litern.[208] Die Produkte von Nussbaumer waren weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt und wurden auch im Ausland gehandelt. 1970 gingen die Brennkonzessionen und einige Lagerbestände an Antoine Escher in Genf, welcher damit seine Brennerei «Carl Landtwing AG» in Zug und Hünenberg ausbaute. Das Geschäft von Nussbaumer wurde Mitte der 1970er-Jahre aufgegeben.

 
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Quellen

Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.

 

[204] PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Keiser–Kirschwasser-Gesellschaft– Nussbaumer, Zug; PA RN, Zug; Auskünfte Rolf Nussbaumer, Zug. [205] Todesanzeige Zuger Nachrichten, Caspar Keiser-Keiser, in: ZN, Nr. 70, 11.06.1923. [206] Koch, Hans / Nussberger, Paul, «Beiträge zur Heimatgeschichte von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug», Zollikon–Zürich, 1947, S. 244. [207] PA RN, Zug. [208] Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Zug 1411, EAV, Bern.

[Abb. 0934] «Brennerei von Casp. Keiser» beim Knopfliturm in Zug, 1883–1911.</p>

[Abb. 0934] «Brennerei von Casp. Keiser» beim Knopfliturm in Zug, 1883–1911.

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[Abb. 0935] «Restauration, Destillation & Liqueurfabrikation Casp. Keiser» am Dorfplatz in Zug, 1883–1918: Keiser betrieb eine Gaststätte und einen Verkaufsladen mit Spirituosen.</p>

[Abb. 0935] «Restauration, Destillation & Liqueurfabrikation Casp. Keiser» am Dorfplatz in Zug, 1883–1918: Keiser betrieb eine Gaststätte und einen Verkaufsladen mit Spirituosen.

[Abb. 0936] Briefpapier «Kirschwasser-Liqueur- & Obstbranntwein-Handlung, Casp. Keiser, Destillateur», 27. Juni 1906: Man warb für gute Kirschwasser.</p>

[Abb. 0936] Briefpapier «Kirschwasser-Liqueur- & Obstbranntwein-Handlung, Casp. Keiser, Destillateur», 27. Juni 1906: Man warb für gute Kirschwasser.

[Abb. 0937] Briefpapier «Destillation & Liqueurfabrikation Caspar Keiser, Zug», 9. Dezember 1908: Keiser wurde an der Schweizerischen Landesausstellung 1883 in Zürich ausgezeichnet.</p>

[Abb. 0937] Briefpapier «Destillation & Liqueurfabrikation Caspar Keiser, Zug», 9. Dezember 1908: Keiser wurde an der Schweizerischen Landesausstellung 1883 in Zürich ausgezeichnet.

[Abb. 0941] Inserat «Kirschwasser-Gesellschaft Zug in Oberägeri», 1924: 1911 verlegte die Gesellschaft ihren Sitz von Zug nach Oberägeri und mietete zugleich die Brennerei von Caspar Keiser an der Ägeristrasse 40 in Zug.</p>

[Abb. 0941] Inserat «Kirschwasser-Gesellschaft Zug in Oberägeri», 1924: 1911 verlegte die Gesellschaft ihren Sitz von Zug nach Oberägeri und mietete zugleich die Brennerei von Caspar Keiser an der Ägeristrasse 40 in Zug.

[Abb. 0938] Kaufvertrag zwischen Caspar Keiser und Josef-Nussbaumer-Landolt, 2. August 1918.</p>

[Abb. 0938] Kaufvertrag zwischen Caspar Keiser und Josef-Nussbaumer-Landolt, 2. August 1918.

[Abb. 0939] «Brennerei Josef Nussbaumer-Landolt» an der Ägeristrasse 40 in Zug, 1918–1931: Nussbaumer kaufte die Brennerei 1918 von Caspar Keiser ab.</p>

[Abb. 0939] «Brennerei Josef Nussbaumer-Landolt» an der Ägeristrasse 40 in Zug, 1918–1931: Nussbaumer kaufte die Brennerei 1918 von Caspar Keiser ab.

[Abb. 0940] «Brennerei Jos. Nussbaumer» am Knopfliweg 4/an der Ägeristrasse 40 in Zug, 1922: Die aus Oberägeri und Neuheim stammenden Josef und Elisabeth Nussbaumer-Landolt posieren mit Familienangehörigen vor ihrem Haus im «Dorf».</p>

[Abb. 0940] «Brennerei Jos. Nussbaumer» am Knopfliweg 4/an der Ägeristrasse 40 in Zug, 1922: Die aus Oberägeri und Neuheim stammenden Josef und Elisabeth Nussbaumer-Landolt posieren mit Familienangehörigen vor ihrem Haus im «Dorf».

[Abb. 0942] Werbe-Thermometer «J. Nussbaumer-Landolt», ab 1918.</p>

[Abb. 0942] Werbe-Thermometer «J. Nussbaumer-Landolt», ab 1918.

[Abb. 0943] Kaufvertrag zwischen Josef-Nussbaumer-Landolt und seinem Sohn Karl zur Liegenschaft an der Ägeristrasse 40 in Zug, 26. Januar 1931.</p>

[Abb. 0943] Kaufvertrag zwischen Josef-Nussbaumer-Landolt und seinem Sohn Karl zur Liegenschaft an der Ägeristrasse 40 in Zug, 26. Januar 1931.

[Abb. 0945] Rechnung «Carl Nussbaumer-Bamert, Zug», 3. Juni 1941.</p>

[Abb. 0945] Rechnung «Carl Nussbaumer-Bamert, Zug», 3. Juni 1941.

[Abb. 0946] Korbflasche mit Blechetikette von Destillateur «Carl Nussbaumer-Bamert, Zug», ab 1931.</p>

[Abb. 0946] Korbflasche mit Blechetikette von Destillateur «Carl Nussbaumer-Bamert, Zug», ab 1931.

[Abb. 0944] Flasche «Zuger-Kirsch» der Brennerei Nussbaumer, ab 1931.</p>

[Abb. 0944] Flasche «Zuger-Kirsch» der Brennerei Nussbaumer, ab 1931.

[Abb. 0947] Flasche «Zuger-Kirsch» der Brennerei Nussbaumer, ab 1950.</p>

[Abb. 0947] Flasche «Zuger-Kirsch» der Brennerei Nussbaumer, ab 1950.

 
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Quellen

Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.

 

[Abb. 0934] BZ, Bibliothek Zug (Fotosammlung); [Abb. 0935] DMPF ZG, Denkmalpflege Kanton Zug; [Abb. 0936] PA OR, Privatarchiv Oskar Rickenbacher Zug; [Abb. 0937] PA RN, Privatarchiv Rolf Nussbaumer Zug; [Abb. 0938] PA RN, Privatarchiv Rolf Nussbaumer Zug; [Abb. 0939] LBBZ, Landwirtschaftliches Bildungs- und Beratungszentrum Cham; [Abb. 0940] PA RN, Privatarchiv Rolf Nussbaumer Zug; [Abb. 0941] PA MVO, Privatarchiv Michael van Orsouw Zug/«Offizielles Adressbuch des Kantons Zug», Zürich, 1924; [Abb. 0942] PA TG, Privatarchiv Toni Gasser Ibach; [Abb. 0943/0944] PA RN, Privatarchiv Rolf Nussbaumer Zug; [Abb. 0945] PA TGA, Privatarchiv Thomas Galliker Zug; [Abb. 0946] PA KN, Privatarchiv Karl Nussbaumer Morgarten; [Abb. 0947] PA JHE, Privatarchiv Jürg Heiz Zug.

 

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Quellen

Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.