Kirsch, Most und
Bränz rund
um Zugersee und Rigi

Kirschgewerbe 37

Bauernbrennerei mit
Kirschbäumen

1918: Röllin, NotikonBaar [253]

Standort: Baar – Notikon 3.

Beim Hof «Notikon» stehen rund 230 Hochstamm-Kirschbäume mit 30 veschiedenen Chriesisorten, die seit mehreren Generationen durch die Familie Röllin gepflegt und bewirtschaftet werden. Aus den Brennkirschen destilliert Chriesibauer Hermann Röllin auch sortenreine Kirschwasser, die zu den besten der Schweiz gehören und regelmässig mit Höchstnoten ausgezeichnet werden. Schon ab 1859 existierte in Notikon nahe der Grenze zu Zürich eine Brennerei, seit 1918 wird sie von den Röllins betrieben.

 

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Ab 1586 war der Hof «Noti­kon» oberhalb von Deinikon bei Baar im Besitz der Familie Hotz, die während den Reformationskriegen aus dem benachbarten Zürcher Gebiet zugewandert war. Die Liegenschaft war zur einen Hälfte Haus und zur anderen Hälfte Weintrotte, wobei die Trotte später auch zum Wohnhaus umgebaut wurde. 1823 kaufte Josef Henggeler aus Unter­ägeri die Liegenschaft. Noch im gleichen Jahr ging sie weiter an Karl Steiner. 1859 übernahmen die Gebrüder Güntert beide Hausteile, verlängerten das Dörrhaus und installier­ten dort eine Brennerei. 1869 übernahm Alois Suter den Hof, 1879 Clemens Schumacher, und seit 1918 ist die Liegenschaft im Besitz der Familie Röllin aus Menzingen.[254]

 

Der erste Vertreter der Röllin auf dem Hof «Notikon», Joseph Johann Röllin-Schumacher (1873–1950), brannte Kirsch und Träsch und dörrte Obst. Damals standen auf dem Umland des Hofes rund 1’000 Obstbäume, aus deren Früchten man jedes Jahr 1’000 Liter Schnaps brannte. Röllin ver­fügte 1932 als «Hausbrennerei-Inhaber» über drei feststehende Brennblasen, 2 à 50 Liter und 1 à 150 Liter, was einem Gesamtblaseninhalt von 250 Litern entspricht.[255] 1948 übernahm Hermann Josef Röllin-Röllin I. (1915–1991) die Bren­nerei von seinem Vater. Der Baarer Kupferschmied Franz Winkler baute 1956 eine neue Anlage für das Brennen von «Kirsch» und «Träsch», die mit Holz befeuert wurde. 1979 gingen Hof und Brennerei an die nächste Generation mit Hermann Josef Röllin-Tiefenauer II. (*1950) über. 2013 installierte dieser im Brennhaus eine neue Destilla­tionsanlage. Die exklusiven Destillate der «Bauernhofbrennerei Röllin» werden regelmässig mit Höchst­noten ausgezeichnet und sind schweizweit gefragt. Anlässlich der «DistiSuisse 2015» wurde Hermann Röllin für seinen «Zuger Kirsch Zopf» als bester Kirschbrenner der Schweiz ausgezeichnet.[256] 2015 übernahm der vierte Röllin den Hof in «Notikon», Hermanns Sohn Armin Rudolf Röllin (*1982).

 

Die «Bauernhofbrennerei Röllin» ist Mitglied beim 2008 gegründeten Slow-Food-Förderkreis «Traditioneller Schweizer Brenzerkirsch», der sich für den Erhalt der kleinfruchtigen schwarzen Brennkirschen einsetzt. Der Verein hat sich zum Ziel gemacht, den Niedergang des traditionellen Schweizer Kirschs aus einheimischen Früchten zu stoppen. Um eine gleichbleibend hohe Qualität des Kirschs zu ge­währleisten, hat die Gruppierung ein detailliertes Reg­lement erarbeitet. Eine Degus­tationsjury prüft jeden Brenzerkirsch. Ziel ist eine breite, ausgewogene und harmo­nische Geschmackspalette.[257]

 
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Quellen

Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.

 

[253] PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Röllin, Notikon–Baar; Auskünfte Hermann Röllin, Baar. [254] Grünenfelder, Josef, «Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Das ehema­lige Äussere Amt», Basel, 1999, S. 116; Furrer, Benno, «Gemeinde Baar, Häuser am Weg 5, Büessikon – Tann – Deubühl», Baar, 2001. [255] Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Baar 1401, EAV, Bern. [256] Artikel Neue Zuger Zeitung, «Auf diesen Preis hat er gebrannt», in: NZugerZ, Nr. 270, 21.11.2015. [257] www.brenzer.ch, 2015.

[Abb. 0983] Brennanlage von Hermann Röllin in «Notikon» oberhalb von Deinikon–Baar, 23. April 2010: 1956 wurde die Brennerei mit Holzfeuerung vom Baarer Kupferschmied Franz Winkler angefertigt.</p>

[Abb. 0983] Brennanlage von Hermann Röllin in «Notikon» oberhalb von Deinikon–Baar, 23. April 2010: 1956 wurde die Brennerei mit Holzfeuerung vom Baarer Kupferschmied Franz Winkler angefertigt.

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[Abb. 0984] In «Notikon» stehen rund 230 Kirschbäume, 23. April 2010.</p>

[Abb. 0984] In «Notikon» stehen rund 230 Kirschbäume, 23. April 2010.

[Abb. 0985] Abfüllen von Kirschwasser für einen Kunden, 23. April 2010: Der Chriesibauer Hermann Röllin gehört zu den hervorragenden Kirschbrennern der Schweiz, seine Destillate werden regelmässig ausgezeichnet.</p>

[Abb. 0985] Abfüllen von Kirschwasser für einen Kunden, 23. April 2010: Der Chriesibauer Hermann Röllin gehört zu den hervorragenden Kirschbrennern der Schweiz, seine Destillate werden regelmässig ausgezeichnet.

 
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Quellen

Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.

 

[Abb. 0983/0984/0985] PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.