Im 19. Jahrhundert begann Josef Wiget auf seinem Hof «Wätzli» hoch über Steinen mit dem Brennen von Kirschen. Sein Sohn Franz Wiget destillierte ab 1948 im nahen «Adelboden». Als Bauernvertreter spielte er auch eine wichtige Rolle bei der Vermittlung in Sachen «Steiner Handel», bei dem es betreffend der geplanten Revision des Alkoholgesetzes von 1941 zu einem Aufstand kam, bei dem sogar eidgenössische Truppen einschritten. Seine Nachkommen betreiben die Brennerei weiter, stellen diverse Destillate her und arbeiten auch als Lohnbrenner für die Obstbauern.
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In Steinen, einem traditionellen Schwyzer Chriesigebiet, gab es früher viele Brennereien. Heute gibt es nur noch eine gewerbliche Destillerie, nämlich die «Brennerei Wiget Adelboden». Sie befindet sich an der Kantonsstrasse von Schwyz nach Sattel, im «Adelboden» gegenüber dem ehemaligen Gourmet-Restaurant. (korrigierte Fassung) Auf dem Hof der Wiget wurde seit langem für den Hausgebrauch destilliert. Bereits Josef Anton Wiget-Reichmuth (1829–1913) betrieb seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf seinem Hof «Wätzli» eine Bauernbrennerei, die später von Franz Wiget- Styger (1862–1935) weitergeführt wurde. Franz Wiget verfügte 1932 als «Hausbrennerei-Inhaber» über zwei feststehende Brennblasen à je 100 Liter, was einem Gesamtblaseninhalt von 200 Litern entspricht.[280]
Mit der gewerblichen Brennerei begann Nachfolger Franz Wiget-Deck (1898–1973) im Jahr 1948, ab 1956 destillierte er im «Adelboden» hoch über dem Dorf Steinen auf rund 700 Metern über Meer. Damals standen in der Region rund um Steinen bis auf 1’000 Meter über Meer Tausende von Hochstamm-Kirschbäumen, und die Grossfamilie Wiget pflückte zusammen mit einer stattlichen «Chriesi-Mannschaft» grosse Mengen an Brennkirschen, vor allem die Sorte «Lauerzer». Franz Wiget-Deck, angesehener Steiner Bauer und ehemaliger Präsident des Reval-Initiativkomitees (Reval = Revision Alkoholgesetz 1941), spielte auch eine wichtige Rolle als Vermittler beim «Steiner Handel» von 1942. Dank seines beherzten Einschreitens kamen die von Bern in die Innerschweiz gesandten eidgenössischen Inspektoren, die von der wütenden Bevölkerung in Steinen festgehalten wurden, nach wüsten Belästigungen, Beschimpfungen und Misshandlungen doch noch frei.[281]
1973/1974 wurde die Brennerei von Franz Wiget-Appert (1931–2007) übernommen. Seit 1998 brennt Paul Wiget-Bircher (*1964) zusammen mit seiner Frau Käthi (*1966) Birnen, Äpfel, Zwetschgen, Quitten und besonders Kirschen. Eine seiner besonderen Spezialitäten ist der «Nagelfluh-Kirsch». Seit 2005 besitzt Wiget eine Lohnbrennkonzession und destilliert Obst im Auftrag von Kunden, und für viele Bauern und Obstbaumbesitzer in der Region.[282]
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Literatur: Kleeb Ueli / Lötscher Caroline, CHRIESI, Kirschenkultur rund um Zugersee und Rigi, Zug, 2017, www.chriesi.ch. Texte auf Seiten 455–559 zum Kirschgewerbe 1–45 von Ueli Kleeb & Michael van Orsouw.
[279] — PA UK, AZRK, 1.2.0 Brennereien, Wiget, Adelboden–Steinen; Auskünfte Paul Wiget-Bircher, Steinen. [280] — Verzeichnis der Brennerei-Inhaber, Steinen 1028, EAV, Bern. [281] — Horat, Erwin, «Der Steiner Handel», in: «Mitteilungen des historischen Vereins des Kantons Schwyz», Band 100, Schwyz, 2008, S. 112–115; Horat, Erwin, «Patriotismus, Politik und Neinsager», Dissertation, Schwyz, 1999, S. 222–226; Fuhrer, Hans-Rudolf / Vincenz, Filip, «Der Steiner Aufstand 1942», in: «Land Power Revue der Schweizer Armee», Nr. 2, Beilage zur ASMZ 6/2005, Frauenfeld, 2005, S. 25–34. [282] — Scheiwiller, Yvonne, «Schwyzer Industriekultur», Schwyz, 2010, S. 204; www.schnapsforum.ch, 2015.
[Abb. 1001] Chriesibauer und Brenner Franz Wiget-Deck II. (1898–1973), 1943.
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[Abb. 1002] Familie Wiget mit Chriesnern im Hof «Adelboden», 1971–1975.
[Abb. 1003] Flasche «Feinster Kirsch» von Franz Wiget-Appert im «Adelboden» oberhalb von Steinen, 1976.
[Abb. 1004] Brennerei Wiget im «Adelboden», 1985.
[Abb. neu] Leidbild von Franz-Wiget-Deck (1898–1973).
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Bildarchiv: PA UK, Privatarchiv Ueli Kleeb Zug.
[Abb. 1001/1002/1003] FA PW, Firmenarchiv Paul Wiget Steinen; [Abb. 1004] FA PW, Firmenarchiv Paul Wiget Steinen; [Abb. neu] StA SZ, Staatsarchiv Schwyz.